Axel Smidt verstorben

Am 18. September 2025 ist der Unternehmer Axel Smidt unerwartet verstorben, wenige Tage vor seinem 82. Geburtstag. Seine Kollektion „Axel S. Modebrillen“ war im Umfeld mittelbrauner Kassenbrillen ein Begriff für bunte Lebensfreude. Mit EYECOM-Chefredakteur Martin Graf verband ihn eine Freundschaft über fast fünf Jahrzehnte – weshalb dieser Nachruf auch persönlicher ist als viele andere.

Als Unternehmer war Axel Smidt zugleich bodenständig und visionär. Er baute sein Brillen-Unternehmen nicht auf heißer Luft, sondern auf Beständigkeit, auf Qualität, auf persönliche Beziehungen, auf Kundennähe und Vertrauen. Mit seiner Marke „Axel S.“ verkaufte er nicht einfach Brillen, sondern einen Stil, ein Lebensgefühl und eine Haltung.

Ich habe Axel Smidt 1978 kennengelernt, im ersten Jahr meiner Ausbildung im schwäbischen Kornwestheim. Sein Unternehmen war damals erst wenige Jahre alt, und er war der einzige und beste Vertreter seiner bunten „Axel S. Modebrillen“ – denn niemand kannte sie so gut wie er. Jedes seiner Modelle hatte er selbst gezeichnet und die Farben dafür ausgesucht. Und jedes war in seiner kleinen Fabrik mit sehr viel Handarbeit liebevoll hergestellt worden.

Das Ritual war immer gleich: Axel Smidt rollte seine Musterkoffer in den Laden, legte seinen Burberry-Mantel über eine Stuhllehne, öffnete die Musterkoffer, zündete sich eine duftende Pfeife mit dänischem Tabak an – und ließ seine Brillen einfach für sich selbst sprechen.

In diesen Koffern lagen die oft bunten, mit viel Handarbeit gefertigten Brillen aus seiner kleinen Manufaktur – zunächst im französischen St. Amour; danach in Löffingen im Schwarzwald – die mir schon damals zeigten, dass man Brillen ihre liebevolle Herstellung ansehen und sie mit den Händen fühlen kann. Für mich, den gerade mal 21-jährigen Optiker-Azubi, eine Offenbarung. Dass Axel Smidt keinen der üblichen Vertreter-Kombis fuhr, sondern Citroen und Porsche, machte den Eindruck komplett.

Wenige Jahre später kreuzten sich unsere Wege erneut: Ich hatte einen Studienplatz für mein Wunschfach „Foto-Design“ bekommen – und Axel Smidt half mir bei der Finanzierung, indem er mir die Konzeption seiner Werbe- und PR-Maßnahmen übertrug. Dazu gehörte auch der Besuch von Messen – in Deutschland, aber auch in den USA, wo ich zuvor noch nie gewesen war. Der Deal war toll: „Drei Tage Messe mit Aufbau; danach schauen wir uns vier Tage New York an.“ Beim ersten von mehreren Malen trafen wir uns auf dem Flughafen in Frankfurt, und ich erinnere mich an den Satz „Herr Graf, wir werden jetzt eine Woche zusammen sein; da können wir uns auch duzen.“

Diese beratende und kreative Tätigkeit für Axel Smidt begleitete mich während meines Studiums – und lange darüber hinaus. Unzählige Male war ich bei ihm in seiner Firma und habe bis heute den Duft von frisch verarbeitetem Acetat in der Nase. Wir machten Brillen- und Modeshootings, wir konzipierten Messestände und Plakate, und ich schrieb unzählige Texte für Fach- und Modezeitschriften.

Diese blieben nicht unbemerkt: Der PR-Verantwortliche des dänischen Labels „ProDesign“, das ebenfalls farbenfrohe, junge Kollektionen anbot, beobachtete auch die Konkurrenz. Als er 1990 vom Stuttgarter Konradin-Verlag beauftragt wurde, einen neuen Chefredakteur für den Relaunch der Zeitschrift „Der Augenoptiker“ zu suchen, nannte er meinen Namen. So kam ich zum Fachjournalismus, wo ich bis heute bin – auch wieder mit indirekter Beteiligung von Axel Smidt: Ohne die vielen Texte, die ich für ihn schrieb, hätte es diese Verbindung vielleicht nie gegeben.

Direkt nach dem Fall der Mauer betrieb Axel Smidt aktive Entwicklungshilfe für die Augenoptiker in den „Neuen Bundesländern“: Er entwickelte spezielle, farbenfrohe und preisgünstige Fassungsmodelle für diesen jungen Markt, und gemeinsam fuhren wir mehrfach in die Optik-Genossenschaften in Halle und Leipzig, in deren freundlosen Räumen wir mit improvisierten Wandhalterungen, viel Optimismus und noch mehr weißer Farbe Showrooms für diese Brillen installierten.
In den 90er Jahren wurden die Zeiten für deutschen Brillenhersteller schwieriger: Was in europäischen Fassungs-Manufakturen – zu beachtlichen Teilen in Handarbeit – geleistet wurde, gab es in ähnlicher Qualität zunehmend auch als Massenware aus Asien, aber für deutlich weniger Geld.
An dieser Stelle machte Axel Smidt einer seiner wenigen unternehmerischen Fehler: Er setzte zu lange auf die eigene Produktion in Deutschland. Nicht aus Blindheit, sondern vor allem, um die Arbeitsplätze seiner teilweise langjährigen Mitarbeiter zu erhalten. Bis es nicht mehr ging und nur noch die Wahl blieb, entweder selbst auf externe Hersteller zu setzen – oder mit der eigenen Manufaktur unterzugehen. Das war eine harte Zeit, in der unsere Gespräche sich vor allem um eine Frage drehten: „Wie geht es weiter – und geht es überhaupt weiter?“

Die Geschichte zeigt, dass es weiterging – und wie: Ohne die Last einer eigenen Produktion und mit tatkräftiger Hilfe seiner Frau Petra nahm die Marke „Axel S.“ schnell wieder Fahrt auf und festigte ihren Platz in den Geschäften der vorhandenen und vieler neuer Kunden. Die kleine, aber feine Kollektion war nicht nur in Europa, sondern auch bei ausgesuchten Augenoptikern in den USA, Brasilien, Japan, Australien und Südafrika zu finden.
Aber Axel Smidt hatte auch noch andere Pläne. 2008 verkaufte er das Unternehmen kerngesund an seinen heutigen Besitzer, um sich künftig nur noch seinen anderen Leidenschaften zu widmen: Dem Segeln, dem Reisen, dem Malen und seinen alten Büchern. Wegen des Segelns zog er mit seiner Frau aus dem Schwarzwald sogar an den Bodensee, in ein wunderschönes Penthouse in Überlingen. Denn sein Segelboot war nicht nur ein Hobby; es war im Sommer ein zweiter Wohnsitz. Daneben unternahmen die beiden ausgiebige Reisen in alle Welt, bis nach Australien und Südamerika. Zuletzt Ende 2024/Anfang 2025 drei Monate lang im eigenen Camper durch Nordafrika. Und dazwischen hatten wir immer wieder Zeit, unsere Freundschaft zu pflegen.

Jetzt ist Axel Smidt unerwartet auf seine letzte Reise gegangen, wenige Tage vor seinem 82. Geburtstag. Wir hätten noch viel zu besprechen gehabt; waren für nächstes Jahr in Florida verabredet. So bleibt mir nur, zu sagen: „Mach’s gut, mein lieber Freund. Es war ein echtes Geschenk, Dich gekannt und begleitet zu haben.“

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