ZVA informiert zur Telematik für Augenoptiker
Der Gesetzgeber sieht bis zum 1. Januar 2026 eine Anschlusspflicht der Leistungserbringer für Hilfsmittel – inklusive Augenoptiker – an die Telematikinfrastruktur vor, um die kompletten Versorgungs- und Abrechnungsprozesse im Gesundheitswesen zu digitalisieren.
Vertreter der vier Gesundheitshandwerke – Augenoptik, Hörakustik, Orthopädie- und Zahntechnik – haben sich bei einem Parlamentarischen Frühstück im Deutschen Bundestag Anfang Juni mit Abgeordneten verschiedener Fraktionen zum Thema Telematik ausgetauscht, im Anschluss haben die Gesundheitshandwerke neben einer gemeinsamen Presseinformation eine Stellungnahme mit aus ihrer Sicht kritischen Punkten zur Telematik herausgegeben.
Dies betrifft vor allem den Zugriff auf die Daten der elektronischen Patientenakte (ePA) durch die Gesundheitshandwerke. Das Gesundheitsministerium hat ein solches Lese- und Schreibrecht von Grund auf abgelehnt. „Aus unserer Sicht müssen Augenoptiker auf die ePA zugreifen können, um nicht nur Folgeversorgungen darin zu dokumentieren, sondern auch gegebenenfalls eine notwendige Änderung der Brillenwerte einer ärztlichen Verordnung.
Für die Versorgungsqualität ist es außerdem sinnvoll, wenn bestimmte Informationen aus der Patientenakte einsehbar sind – dabei wird selbstverständlich der Datenschutz gewahrt, denn es geht immer um ein Zugriffsrecht mit Einwilligung des Versicherten“, fasst ZVA-Präsident Christian Müller zusammen.
So funktioniert die Telematikinfrastruktur: Die Telematikinfrastruktur (TI) in Deutschland gilt als sichere und standardisierte Plattform für den Austausch von Gesundheitsinformationen. Telematik verbindet Telekommunikation und Informatik, um eine nahtlose Kommunikation und den Austausch von Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Die Qualität der Versorgung soll so erhöht, die Kommunikation zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen verbessert werden. Die TI umfasst verschiedene Anwendungen, darunter die elektronische Gesundheitskarte, die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept. Ziel ist eine integrierte, patientenzentrierte Versorgung, die über institutionelle und sektorale Grenzen hinweg funktioniert. Für die Telematikinfrastruktur ist die Gematik (Nationale Agentur für Digitale Medizin) verantwortlich.
Das Sozialgesetzbuch (SGB) V sieht bis zum 1. Januar 2026 eine Anschlusspflicht der Leistungserbringer für Hilfsmittel – inklusive Augenoptiker – an die TI vor. Ab dem 1. Juli 2027 gibt es darüber hinaus eine gesetzlich fixierte Annahmepflicht von eRezepten für Hilfsmittel. Um Zugang zur TI zu erhalten, müssen sich alle Akteure ausweisen. Dies geschieht bei den Hilfsmittelerbringern über einen elektronischen, personenbezogenen Berufsausweis im Scheckkartenformat und die Institutionskarte (SMC-B) für den Betrieb sowie die Einrichtung eines E-Health-Kartenterminals. Mittels eines Konnektors oder des voraussichtlich im Laufe dieses Jahres verfügbaren Telematikinfrastruktur-Gateways erfolgt im zweiten Schritt die sichere Übermittlung der Daten beispielsweise von der Praxis zum Betrieb.
Testphasen und Pilotprojekt: Für die Ausgabe des Berufsausweises und der SMC-B für die Gesundheitshandwerke entwickelt der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) derzeit ein Ausgabesystem über die Handwerkskammern. Die Tests dazu mit einzelnen Testbetrieben werden im 2. Halbjahr 2024 anlaufen. Zur Annahme des eRezeptes im Hilfsmittelbereich haben die Gesundheitshandwerke ein Pilotprojekt mit der Firma Opta Data ins Leben gerufen, um den Prozess zu verschlanken und die Umsetzung so einfach und praktikabel wie möglich zu gestalten. Für die Sehhilfenverordnung (Muster 8/8a) soll in den kommenden Wochen ein Feldtest Aufschluss über praktische Erfahrungen und ggf. nötige Korrekturen geben. Letztlich ist zwar die Gematik für die Ausgestaltung der Umsetzung verantwortlich, durch die Vorarbeiten soll dieser jedoch eine praktikable Vorgehensweise für die Umsetzung der eVerordnung vorgeschlagen werden.
Finanzierung der Anbindung an die Telematikinfrastruktur: Das SGB V sieht vor, dass die Ausstattungs- und Betriebskosten für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Hierzu sollten schon Anfang 2024 Verträge geschlossen sein. Dies hat der GKVSpitzenverband nun nochmals verschoben mit dem Argument, dass „aktuell weder die technischen Rahmenbedingungen durch die Gematik geklärt, noch technisch sowie organisatorisch geklärt (ist), wie sich die Hilfsmittelerbringer in der TI ausweisen können.“ Dies ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten der Leistungserbringer für die TI zu finanzieren, sobald diese Punkte geklärt sind.
Ob die Finanzierung durch die Krankenkassen die kompletten Kosten abdecken wird, ist derzeit jedoch noch nicht abzusehen – insbesondere vor dem Hintergrund des geringen Krankenkassenumsatzes für präqualifizierte Betriebe ist der Aufwand für die Umstellung zunächst hoch. Allerdings wird die Entwicklung insgesamt nicht aufzuhalten sein: Es ist das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers, die Versorgungsprozesse im Gesundheitswesen bis zur Abrechnung künftig elektronisch abzuwickeln.